Sabine Plöger is carrying out a comparative study based on three large and significant European museums with the goal of revealing similarities and differences in the presentation and reception of current stagings of ancient spaces in the respective museum contexts. To this end, along with the description and analysis of the conception, the research focuses on learning by the museum audience at and through these stagings.

Research

„Wie werden antike Vorstellungen vom Raum, die sich in Architektur ausformulierten, heute in Museen inszeniert und rezipiert?“, lautet die Forschungsfrage des Projekts, bei deren Beantwortung die Aspekte Raumdimensionen, Raumgestaltung und Raumwirkung von großer Bedeutung sind.

Forschungsmethodik, Forschungsformate und Vorgehen

Das von Bernhard Graf angeregte und von Bénédicte Savoy mitbetreute Dissertationsprojekt von Sabine Plöger zum Thema „Aktuelle Inszenierungen antiker Räume in musealen Kontexten“ liefert aus dem Blickwinkel der Raumforschung einen Beitrag im Bereich der Museumsanalyse. Untersucht werden Inszenierungen antiker Architektur in Museen per Quellenstudium und Feldforschung. Das Dissertationsprojekt unterstützt eine stärkere Vernetzung von Museologie, Besucherforschung und Museumspädagogik, was inzwischen als sehr förderlich für die Einlösung der Bildungsaufgabe der Museen betrachtet wird.

Schon die Raumkonzeptionen des Altertums waren von ihren Einbindungen in Kommunikationsprozesse, in politische, soziale, religiöse oder technische Kontexte beeinflusst, die sich im Erscheinungsbild der Bauwerke niederschlugen. Im Lauf der Jahrhunderte und nicht zuletzt beim Eintritt der antiken Räume in die Museen haben sich ihre Funktionen und Bedeutungen gewandelt. Eingebettet in kluge Inszenierungen und mit Unterstützung von Begleitmedien können die Architektursegmente ihren Besuchern als überkommene Berichterstatter der antiken Welt sehr viel „erzählen“. Dies möglich zu machen, sie zum „Sprechen“ zu bewegen, ist heute Sache der Museen. Es ist Sache ihres Bildungsauftrags, mit den Exponaten die Verbindung zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft herzustellen sowie Kontexte zu veranschaulichen, um den Wissenszuwachs des Publikums zu verstärken. Was es hierzu braucht, sind besuchergerechte und zeitgemäße Präsentationskonzepte.

Im ersten Teil der Arbeit werden die Ebenen Produzent (Verantwortlicher) und Produkt (Museumsraum) quellenkritisch betrachtet: Wer hat die Museumsräume mit welcher Motivation wie konzipiert? Drei Einzelfallstudien werden durchgeführt, die anschließend in einen Vergleich münden. Die Analysegruppe besteht aus dem Pergamonsaal (1930) der Berliner Antikensammlung im Pergamonmuseum, der Duveen Gallery (1939/1962) im Londoner British Museum und der Parthenon-Galerie (2009) des Akropolismuseums in Athen. Weitere internationale Museen werden punktuell vergleichend hinzugezogen.

Die ausgewählten Museumsräume werden systematisch analysiert und miteinander verglichen, um grundlegende Aspekte der Modellbildung und zeitbasierten Visualisierung antiker Themen und Kontexte in Museen herauszuarbeiten. Die Räume weisen eine besonders aussagekräftige Gemeinsamkeit auf: Sie wurden für die in ihnen ausgestellten antiken Architekturen neu geplant und gebaut, was ein wichtiger Aspekt ist, der in der Untersuchung eine detaillierte Betrachtung erfährt.

Im zweiten Teil der Arbeit rückt die Ebene Rezipient (Besucher) in den Fokus der Betrachtung und wird im Rahmen der qualitativen Sozialforschung beleuchtet, namentlich mittels einer empirischen Studie, angelegt in Form eines Methodenmix aus Beobachtung und qualitativem Interview. Wurde im ersten Teil der Untersuchung herausgearbeitet, wie dargestellt und vermittelt wird, lautet die Frage an dieser Stelle: Wie wird rezipiert? Exemplarisch wurde im Berliner Pergamonmuseum im Oktober 2011, kurz nach der Eröffnung der Ausstellung „Pergamon. Panorama der antiken Metropole“ mit dem begleitenden 360°-Panorama, eine Besucherbefragung angelegt, in deren Zuge innerhalb einer Woche 28 problemzentrierte Interviews nebst Beobachtungen unter Berücksichtigung des situativen Lernmodells von John H. Falk & Lynn D. Dierking durchgeführt wurden. Die Auswertung der vorliegenden Daten basiert maßgeblich auf der Methode nach Philipp Mayring, bei der die Antworten der Befragten auf die einzelnen Fragen jeweils durch Paraphrasierung zusammengefasst und anschließend kategorisiert werden. In einem nächsten Schritt werden Antworten von korrelierenden Fragen in Bezug zueinander analysiert und interpretiert.

Im Fokus des Interesses liegen das Verständnis der Inszenierung des Pergamonaltars mit dem Gigantenfries im Pergamonsaal seitens des Publikums, dessen Wissenszuwachs und Raumempfinden dort. Der erste Teil der Arbeit zeigt, dass verschiedene Modellvorstellungen in die Museen geholt werden, um die Objekte in Kontexte zu betten, um geografische Raumbezüge herzustellen. Im Pergamonsaal geschieht dies anhand mehrerer museologischer Faktoren, beispielsweise der 1:1-Teilrekonstruktion des Altars sowie des Modells der Pergamenischen Akropolis. Eine These hier ist, dass die Rekonstruktion ohne das genannte Modell nicht verständlich ist, insbesondere was die Ausmaße des Altars sowie seine Einbindung in das Stadtgefüge und daran anschließende Erkenntnisse betrifft. Das Modell verlangt den Besuchern ein Umdenken vom Großen zum Kleinen ab, um funktionieren zu können. Die Studie untersucht, wie solche Modellvorgaben von den Besuchern erkannt, verstanden und rezipiert werden.

Auf die Frage nach der vermeintlichen Absicht des Modells zum Beispiel, nennen etwa zwei Drittel der Befragten, die „Einordnung des Altars in seinen Gesamtkontext“. Sie erfassen folglich den Informationsgewinn. Auf die Frage „Für wen ist dieses Modell Ihrer Meinung nach besonders geeignet?“ antworten 25 der 28 Interviewten, dass es sich für alle eigne. Zwei formulieren, es sei für die, die sich „eine Vorstellung“ machen wollen, einer findet es „insgesamt nicht sehr ansprechend“. Vier der Befragten, betonen zusätzlich Kinder als geeignete Zielgruppe. Insgesamt zeigt sich folglich, dass das Konzept mit dem Modell ein guter Ansatz ist, da die Mehrheit der Befragten es als Hilfe annimmt. Der hergestellte Kinderbezug unterstreicht, dass es als leicht verständlich erscheint. Das Umdenken von Groß zu Klein glückt somit in der Mehrheit der Fälle.

Es zeigt sich zudem, dass durchaus auch Fragen nach Zeiträumen und geografischen Bezügen, die für den Laien nicht an der Rekonstruktion oder dem Burgbergmodell ablesbar sind, von vielen der Befragten beantwortet werden können. 13 der 28 Befragten beantworten beispielsweise die Frage nach der Entstehungszeit des Pergamonaltars richtig mit „2. Jh. v. Chr.“ bzw. „1. Hälfte des 2. Jh. v. Chr.“. Zwei weitere antworten sogar ziemlich exakt und wiederum drei Weitere liegen mit ihren Antworten ebenfalls richtig, sprechen aber sehr grob von „vor Christus“ bzw. von der „Antike“. Nur zwei Antworten sind falsch, zwei andere sind diffus und lediglich zwei Besucher sagen, dass sie keine Antwort wüssten. Die Information des Entstehungsdatums liefert die Altarrekonstruktion ebenso wenig wie etwa das Burgbergmodell. Sie wurde also entweder im Vorfeld des Besuchs, in der Pergamon-Ausstellung oder mittels anderer Informationsmedien direkt im Pergamonsaal, wie beispielsweise dem Audioguide, den Wandtexten oder dem zur Verfügung stehenden Informationsblatt, gewonnen. Einer der Befragten gibt explizit an, dass er diese Angabe in der Sonderausstellung erhalten habe. Das befragte Publikum ist folglich als interessiert zu bezeichnen. Ein Wissenszuwachs durch den Museumsbesuch scheint ihnen wichtig, zumindest möchten sie die Objekte in die Weltgeschichte und ihr eigenes Vorwissen einordnen können. Ein gehobenes Bildungsniveau der Interviewten lässt sich vermuten, und tatsächlich haben 18 der 28 Befragten einen Hochschulabschluss, drei haben das Abitur und weitere drei streben diesen Schulabschluss an. Da 24 der Befragten angeben, sich im Vorfeld des Museumsbesuchs nicht inhaltlich vorbereitet zu haben, liegt die Vermutung nahe, dass faktische Informationen im Museum gewonnen wurden.

Ergebnisse

Obwohl die Auswertung noch nicht abgeschlossen ist, lassen sich bereits deutliche Tendenzen festhalten, die auf der Metaebene lesbar sind: Der Besuch im Pergamonsaal mit seinem Konzept der verschiedenen Vermittlungsmodalitäten ist ein sehr atmosphärisches, emotionales Erlebnis. Das „Wirken lassen“ steht hier im Vordergrund, die Befragten sprechen von der „Antike zum Angreifen“, davon, dass man sich „in die Antike zurückversetzt“ fühlt. Im Pergamonsaal wird vieles erfühlt, nicht nur zielgerichtet erlernt, sondern nebenbei und spielerisch – wie auf Entdeckungsreise – aufgenommen. Hier erfolgt ein gewichtiger Teil des Erlernens durch das Erleben – eine weitere These der Untersuchung, die sich an der Stichprobe bestätigt.

Parallel zur Datenerhebung in der Antikensammlung wurde eine weitere im Vorderasiatischen Museum (Dr. Barbara Feller) durchgeführt: Auch hier geht es um die Rezeption von ausgewählten Ausstellungseinheiten. Im Gegensatz zur antiken Monumentalarchitektur im Pergamonsaal befinden sich hier extrem kleine Objekte im Fokus: eine Vitrine mit vorderasiatischen Rollsiegeln. Gemeinsamer Nenner beider Untersuchungen sind die Modellvorstellungen (Museumsplanung des 19./20.Jh.) auf Seiten der Konzeption und der Rezeption. Geplant ist eine vergleichende Zusammenführung der Ergebnisse zum größten Objekt im Pergamonmuseum, dem Pergamonaltar, und zu den kleinsten Objekten dort, den Rollsiegeln, in einer gemeinsamen Publikation.

Diskussion der Ergebnisse im Lichte der aktuellen Forschung

Ein internationaler Vergleich von Inszenierungen antiker Räume in musealen Kontexten unter besonderer Berücksichtigung der Rezipienten ist so bisher nicht unternommen worden. Das im Rahmen von Topoi am 11. und 12.12.2009 stattgefundene Kolloquium „Außenräume in Innenräumen. Die musealen Raumkonzeptionen von Walter Andrae und Theodor Wiegand im Pergamonmuseum“ lieferte Beiträge zum Thema, wobei insbesondere der Vortrag von Martin Maischberger zu nennen ist, der die Architekturinszenierungen der Antikensammlung im Pergamonmuseum einer vergleichenden Betrachtung unterzog. Sein Ergebnis, dass die Konzeption des Pergamonsaals ein überwältigendes Raumerlebnis schafft, ergänzen die Ergebnisse der innerhalb des Dissertationsprojekts durchgeführten Besucherstudie.